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Stimme und Hormone

Der Einfluss von Hormonen auf die Stimme der Frau. Der Zyklus der Stimme.

 Einflüsse auf die Stimme

Das einwandfreie Funktionieren unserer Stimme ist von vielen Faktoren abhängig. Sie verändert sich je nach Stimmung, körperlichem Befinden und Erfahrungen die wir gemacht haben. Die Wörter „Stimme“ und „Stimmung“ haben den gleichen Wortstamm und sind unmittelbar miteinander verbunden. Fühlen wir uns verstimmt, dann hat dies Einfluss auf unseren Stimmklang. Auch unsere Ernährung beeinflusst unsere Stimme. Die Stimmlippen sind mit Schleimhaut überzogen. Trinken wir z.B. zu wenig, sind die Schleimhäute eher trocken und unsere Stimme schneller gereizt. Zudem sind trockene Schleimhäute im Allgemeinen anfälliger für Infektionen, schon aus diesem Grund sollte man ausreichend trinken. Zigarettenrauch trocknet die Schleimhäute ebenfalls aus und verursacht einen rauchigen Stimmklang. Bestimmte Getränke und Speisen können die Stimme in Form von Reflux beeinflussen. Konsumiert man z.B. viel Kaffee oder Alkohol, kann vor allem nachts im Liegen Magensäure die Stimmlippen reizen, was sich am Morgen in Form von einer Heiserkeit äußern kann. Oft spricht man hier auch von einem „stillen Reflux“, weil man diesen unter Umständen gar nicht bemerkt.

Die Stimme der Frau verändert sich zudem durch den Einfluss von Hormonen. Der Aufbau des Kehlkopfes und der weiblichen Geschlechtsorgane ähneln sich optisch sehr. Der Kehlkopf reagiert als sekundäres Geschlechtsmerkmal sensibel auf hormonelle Einflüsse. Die weibliche Stimme ist das gesamte Leben lang hormonellen Einflüssen und Schwankungen ausgesetzt, die sich in der Stimme bemerkbar machen. Diese hormonbedingten Stimmschwankungen führen oft zu Verunsicherung. Das Wissen und das Bewusstsein darüber können helfen, Stimmveränderungen einzuordnen und mit mehr Gelassenheit zu betrachten.

Stimme und Menstruationszyklus

Während des monatlichen Menstruationszyklus ändert sich der Hormonhaushalt des Körpers und typabhängig die Verlässlichkeit und der Klang unserer Stimme. Der Zyklus beginnt mit dem ersten Tag der Menstruation und endet am Tag vor der nächsten Regelblutung. Die durchschnittliche Zyklusdauer beträgt achtundzwanzig Tage. Das Hormon Östrogen hemmt den Knochenabbau und ist für die Wiederherstellung von Haut und Schleimhäuten zuständig. Das Hormon Progesteron hingegen entzieht den Schleimhäuten Wasser und führt zur Trockenheit der Stimmlippen. Ein weiterer Effekt des Progesterons ist, dass die Konsistenz der Schleimhäute zäher wird.

 

Graphik

Text zur Graphik: In der Follikelphase reifen im Eierstock Eibläschen (Follikel) heran, die jeweils eine Eizelle enthalten. Eine neue Schleimhautschicht wird in der Gebärmutter aufgebaut. Beim Eisprung wird eine Eizelle freigesetzt, die in den Eileiter wandert und nun zur Befruchtung bereitsteht. Aus dem Follikel bildet sich der Gelbkörper. Dieses produziert in der Gelbkörperphase das Gelbkörperhormon Progesteron. In Zusammenwirkung mit dem Östrogen ist es für die Transformation der Gebärmutterschleimhaut verantwortlich um auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten. Kommt es innerhalb des Zyklus nicht zur Befruchtung, bildet sich der Gelbkörper zurück und die Schleimhautschicht wird bei der nächsten Menstruation wieder abgestoßen. Auch die Schleimhaut auf unseren Stimmlippen reagiert sensibel auf die monatlichen Hormonschwankungen.

Ab den dritten bis vierten Zyklustag bis zum Eisprung gibt es hormonbedingt kaum Einschränkungen der Stimmleistung. Das Östrogen und das Progesteron sind anfänglich beide auf einem gleichbleibenden Niveau. Dieser konstante Hormonstatus wirkt sich positiv auf das stimmgebende System aus und ist ausschlaggebend für die Stimm- und Stimmungsgüte in dieser Phase. Der Östrogengehalt steigt dann in etwa der Mitte der ersten Zyklushälfte an. Das follikelstimulierende Hormon FSH initiiert die Östrogenbildung. Kurz vor dem Eisprung ist der Anstieg der Östrogene am höchsten. Dies bewirkt einen ebenfalls sprunghaften Anstieg des luteinisierenden Hormons LH. Dieses Hormon löst den Eisprung aus. Auch während dem Eisprung gibt es stimmlich wenig Einschränkungen und auch das Stimmungshoch hält noch an.

Die Östrogenkonzentration nimmt mit Beginn des Eisprungs wieder rapide ab. Wohingegen nun in der zweiten Zyklushälfte das Progesteron zunimmt. Da der Progesterongehalt nun hoch und der Östrogengehalt gleichzeitig niedrig ist, haben wir in dieser Phase eher Probleme mit unserer Stimme. Sie ist unzuverlässiger, weniger tragfähig, belegter, klingt rauer und das Singen fällt uns schwerer, als kurz vor dem Eisprung. Die Stimme ist angestrengter, da die Stimmlippen bedingt durch vermehrte Wassereinlagerung dicker sind und dadurch träger schwingen. Auch unsere Stimmung leidet. Unsere Atmung ist direkt an die Stimme gekoppelt. Oft wird auch das Atemvolumen in dieser Phase nicht optimal genutzt. Diese Phase ist auch als prämenstruelles Syndrom PMS bekannt.

Während der Menstruation ist sowohl der Hormonspiegel von Östrogen als auch Progesteron gering, jedoch kann die Stimme in den ersten Tagen der Monatsblutung noch beeinträchtigt sein. Nach der Menstruation befinden sich das Östrogen und das Progesteron noch einige Zeit in Balance, bis das Östrogen wieder zu steigen beginnt und wir wieder auf den Eisprung zusteuern, was unserer Stimme erneut zur Hochleistung verhilft.

Stimme und Schwangerschaft

Hormonelle Einflüsse während der Schwangerschaft verändern den Wasserhaushalt und die Durchblutung im Körper. Die Schleimhäute reagieren sensibel auf den veränderten Hormonstatus. Es erfolgt sowohl ein Anstieg des Östrogens, als auch des Progesterons. Die Stimme reagiert häufig durch ein Absinken der mittleren Sprechstimmlage. Diese wird auch Indifferenzlage genannt. Das Sprechen ist in dieser Lage am schonendsten. Sie ist bei jedem Menschen individuell. Auch die Klangfarbe der Stimme ändert sich unter Umständen in der Schwangerschaft. Die Stimme ist meist tragfähiger und voller und klingt zugleich wärmer und weicher. Auch der Tonumfang kann erheblich zunehmen. Vor allem in den letzten Schwangerschaftsmonaten erschwert jedoch der dicke Bauch die Atmung, wodurch die Stimme beeinträchtigt sein kann. Nach der Schwangerschaft stellt sich die ursprüngliche Stimmlage normalerweise wieder ein.

Da in der Schwangerschaft der Hormonspiegel des Progesterons hoch ist, kann es bei einigen Schwangeren zu Stimmproblemen bedingt durch sogenannte Stimmlippenödeme, auf den Stimmlippen kommen. Bei Ödemen handelt es sich um Schwellungen bedingt durch Wassereinlagerungen, die ab dem fünften Schwangerschaftsmonat auftreten können und bis zur Entbindung bleiben. Es können Trockenheits- und Engegefühle sowie Schmerzen im Kehlkopfbereich entstehen. Die Indifferenzlage kann um zwei bis drei Halbtöne absinken. Die Stimme funktioniert nicht mehr einwandfrei und ist unzuverlässig. Die Symptomatik ist unterschiedlich ausgeprägt und variiert von einer leichten Stimmbeeinträchtigung bis hin zur Atemnot. Die gewohnte Stimmleistung ist meist bereits einige Tage nach der Geburt des Kindes wiederhergestellt.

Nach der Geburt sinken der Progesteron- und Östrogengehalt schlagartig. Dadurch leiden viele Mütter nach der Schwangerschaft unter einem enormen Stimmungstief. Die Stimme spiegelt dieses Stimmungstief wieder. Hinzu kommt oft Schlafmangel und eine erhöhtes Stressniveau bedingt durch die neue Lebenssituation mit dem Neugeborenen, was sich auch auf die Stimme auswirkt.

Stimme und Pille

Durch die Einnahme von Kontrazeptiva wird die Östrogen- und Progesteronkonzentration im Körper auf einem gleichbleibenden Niveau gehalten, wodurch die Freisetzung der Eizelle verhindert wird. Durch ein relativ stabiles hormonelles Gleichgewicht gibt es bei Einnahme der Pille weniger Stimm- und Stimmungsschwankungen. Bei einer Vergleichsstudie konnte bei Sängerinnen, die die Pille einnehmen festgestellt werden, dass diese ihre Stimmqualität zyklusübergreifend höher einstuften. Wohingegen Sängerinnen, die keine Pille einnehmen, eine geringere Stimmstabilität aufwiesen. Ein weiterer Zusammenhang zeigte sich bei dieser Studie bezüglich der Stimmung der Probanden. Eine traurige Grundstimmung führte zu einer niedrigeren Stimmqualität.

In seltenen Fällen kann sich jedoch eine Vermännlichung der Stimme, z.B. im Rahmen einer Unverträglichkeit eines Präparates festgestellt werden. Die Stimme klingt heiser und brüchiger. Die Sprechstimmlage sinkt leicht ab und oft bemerken die Betroffenen Einschränkungen beim Singen hoher Töne. Nach Absetzen der Pille ist die Stimme nach kurzer Zeit wieder unauffällig.

Die Stimme in den Wechseljahren

Das Klimakterium bezeichnet einen Zeitraum vom ca. fünfundvierzig bis zum fünfundfünfzigsten Lebensjahr, in dem es zur Abnahme und schließlich zur fast vollständigen Einstellung der Eierstockfunktion kommt. Die letzte Menstruationsblutung wird als Menopause bezeichnet. Die Östrogen- und Progesteronproduktion wird geringer, während die Androgenbildung bestehen bleibt. Diese hormonellen Veränderungen führen zu Stimmveränderungen während der Wechseljahre. Der Östrogenmangel setzt Prozesse in Gang, die zum Altern der Stimme beitragen. Die Schleimhaut im Kehlkopf bildet sich allmählich zurück. Das Verhältnis von Schleimhautanteil zu Knochenanteil verändert sich und führt zur „Vermännlichung“ der Stimme. Oft wird ein Trockenheitsgefühl im Kehlkopf wahrgenommen.

Die Belastbarkeit, die Verlässlichkeit und die Tragfähigkeit der Stimme nehmen ab. Zudem ermüdet die Stimme oft schneller. Bedingt durch die verminderte Produktion von Progesteron und Östrogen sind die Stimmlippen häufig etwas verdickt. In Folge sinkt die Sprechstimmlage bei einem Großteil der Frauen ab. Auch erfolgt meist eine Abnahme des Stimmumfangs, insbesondere der hohen Frequenzen. Der Stimmklang wird oft rauer, weniger tragfähig und resonanzärmer. Die Intensität der Stimmbeschwerden ist erheblich psychisch beeinflusst. Akzeptiert man die Veränderungen und nimmt sie an, dann fallen die Beeinträchtigungen oft erheblich weniger ins Gewicht.

Zusammenfassung

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Stimme der Frau bedingt durch Schleimhautveränderungen auf den Stimmlippen während des ganzen Lebens auf Hormonschwankungen reagiert. Wie stark die Stimme diesen Schwankungen unterliegt ist ganz individuell. Allgemein kann man jedoch sagen: Beansprucht ist die Stimme vor allem vor der Menstruation. Auch in den ersten Tagen der Menstruation will unsere Stimme unter Umständen noch nicht so, wie wir uns das wünschen. Am besten funktioniert die Stimme vor und während der Phase des Eisprungs. Die Pille führt zu einem konstanten Hormonniveau, wodurch die Stimme im Normalfall weniger Schwankungen unterliegt. Auch während einer Schwangerschaft führen hormonelle Veränderungen zu Stimmveränderungen. Während der Wechseljahre sinkt die Stimme meist hormonbedingt ab und ist weniger belastbar.

Umso mehr man gegen diese hormonbedingten Schwankungen der Stimme ankämpft und sie nicht akzeptieren will, umso belastender sind diese für den Stimmgebungsapparat. Nehmen wir die natürlichen Schwankungen als naturgegeben an, so fallen die Stimmbeschwerden meist erheblich geringer ins Gewicht. Ein bewusster und liebevoller Umgang mit unserer Stimme und mit uns selbst ist daher von Vorteil. Prinzipiell gilt: Singen hält die Stimme das ganze Leben lang fit.

 

Mehr Infos erhaltet ihr in unseren Stimme-Körper Tagesseminar, hier gehen wir ganzheitlich auf das Thema Stimme ein.

Eure Amelie Zech, zertifizierte Singleiterin (SiKra), Stimmtherapeutin und Yogalehrerin. 

Hauptquelle zum Artikel: Der Einfluss der Hormone auf die weibliche Stimme unter besonderer Berücksichtigung der Effekte im Menstruationszyklus, eine Studie zur Erfassung zyklusbedingter Stimmveränderungen im Stimmfeld von Susanne Ursula Baier